Die Geschichte einer Flucht
Joseph Gnanadasan organisiert im Projekt Wegbereiter seine Rente und blickt zurück auf fast 40 Jahre im Exil.
Joseph Gnanadasan ist 1982 aus Sri Lanka geflüchtet - er wollte nach Amerika, doch am Bahnhof Zoo war Schluss. Er flog zuerst nach Moskau, er wusste von anderen Exilanten, dass er dort ohne Visum hinkommt. Von dort flog er nach Ostberlin. Im Zug ging es weiter Richtung Westen. Am Bahnhof Zoo wurde ihm bei einer Polizeikontrolle der Pass abgenommen. Damit platzte der Plan, nach Amerika auszuwandern. Es hat fast 20 Jahre gedauert, bis Joseph wieder einen Pass erhalten hat. Mit der Hilfe eines Anwalts, der sein Asylverfahren gegen Widerstände durchsetzte.
Das für ihn ungewohnt kalte Wetter in Berlin setzte Joseph zu, er war müde. Ein großes Zelt für Flüchtlinge, aufgestellt von der Caritas, war seine erste Unterkunft. Später teilte er mit fünf anderen ein Zimmer mit Hochbetten in Tempelhof.
In seiner Heimat schwelte schon länger ein ethnischer Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen. Eine militärische Fraktion der Tamilen, die Liberation Tigers of Tamil Eelam wollten in den Küstenregionen im Norden und Westen der Insel einen eigenen Staat gründen. Kurz nach der Flucht von Joseph entbrannte in seiner Heimat ein Bürgerkrieg, der erst viele Jahre später - 2009 - ein Ende fand.
Joseph ist der einzige Überlebende von vier Kollegen, die anderen sind in Sri Lanka im Krieg umgekommen - auch seine Freunde aus der Schulzeit. Gemeinsam hatten sie in einer Diamantenmine gearbeitet. Nach zwei Jahren harter Schufterei hatte Joseph Glück, er fand einen besonders großen Diamanten. Wie damals üblich, verkaufte er diesen an die japanischen Interessenten vor Ort. Das Geld teilte er mit den Kollegen, jetzt konnte er seine Flucht finanzieren.
Die Behörden schicken Joseph bald nach Drensteinfurt, eine Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen. Bei Maßnahmen der Arbeitsagentur kann er etwas Geld verdienen als Hausmeister für Schulen und Sportvereine. Regelmäßig muss er seine Aufenthaltsgenehmigung erneuern. Es dauert 20 Jahre, bis sein Asylverfahren ein Ende findet - nach mehreren Gerichtsverfahren erhält er einen deutschen Pass. Zurück nach Hause kann er trotzdem nicht - als Tamile droht ihm in Sri Lanka eine willkürliche Verurteilung und das Gefängnis - auch nach dem Bürgerkrieg.
In Köln findet er für 10 Jahre eine Arbeit im Metallhandel - als Kranfahrer und Metallschneider. Leider muss der Betrieb einige Jahre später schließen, über Umwege kehrt Joseph nach Berlin zurück. Er findet Arbeit bei einer Spandauer Werft und lernt viele Aufgaben im Bootsbau kennen, bis auch dieser Betrieb aufgeben muss. Die Jahre in diesen beiden Betrieben beschreibt er als seine schönste Zeit in Deutschland.
Die folgenden Jahre sind wieder durch die Maßnahmen des Arbeitsamtes geprägt, dazu gehören Handwerkeraufgaben in Kitas und Schulen.
Im Projekt Wegbereiter möchte Joseph seinen Rentenantrag bearbeiten, was für ihn zu bürokratisch ist. Er ist jetzt 64 Jahre alt und hat seine Heimat nie wieder gesehen. Bis heute fragt er sich, ob es eigentlich legal war, dass ihm solange der Pass abgenommen wurde. Leider erhält er für die Jahre, in denen er in Maßnahmen gearbeitet hat, nur sehr wenig Rente. Man spürt das Bedauern, dass er nicht länger in den gewünschten Berufen arbeiten konnte. Aus gesundheitlichen Gründen würde er gerne in Frührente gehen und beantragt mit unserer Unterstützung eine Erwerbsminderungsrente, damit er nicht noch zwei Jahre durchhalten muss. Unsere Sozialarbeiterin Martina arbeitet sehr gerne mit ihm. Er ist immer freundlich, strahlt eine ruhige Würde aus und ist gut vorbereitet. Joseph Gnanadasan ist Vater einer noch jungen Tochter - sein größter Wunsch ist, dass sie studieren kann.