Kommunikation – wie vermeide ich Missverständnisse
Für uns als Sozialarbeiter*innen ist Kommunikation das wichtigste Werkzeug. Wenn wir verstehen, was unsere Klient*innen wollen und was sie belastet, können wir helfen. Missverständnisse in der Kommunikation führen zu falschen Vorstellungen, was zu tun ist. Daher ist sinnvoll, sich kurz zu überlegen, wie Kommunikation tatsächlich funktioniert. Das man einfach nur - ganz rational - Fakten austauscht, ist eine Idealvorstellung, die in vielen Berufen erwünscht ist. Solange alle sachlich bleiben, funktioniert das Geschäft. Aber so einfach ist es nicht.
Wer anerkennt, dass das Gesagte nur ein Teil der Nachricht ist, hat die erste Hürde für eine Kommunikation mit weniger Missverständnissen genommen. Denn die Interpretation ist umfangreicher und vielschichtiger als das Gesagte. Wie der Empfänger die Nachricht in seinem Kopf umformt, ist oft der entscheidende Aspekt bei Missverständnissen.
Hinter den Worten verbergen sich folgende Elemente:
Selbstaussage:
Was offenbart das Gesagte über den/die Redner*in? Hier liegt das Augenmerk auf der Befindlichkeit des Redners/der Rednerin und den persönlichen Eigenheiten, die bewusst oder unbewusst offenbart werden. “Heute ist es schon wieder so dunkel” kann daher auch bedeuten: “Ich bin müde und traurig”.
Sachaspekt:
Worüber spricht sie/er? Der logische, rationale Teil der Aussage. Wer alles auf die Logik setzt, fühlt sich hier wohl. Oft ist der vordergründige Wortsinn aber nur Teil der Botschaft. Wer sich über diesen Aspekt hinaus taub stellt, versteht den emotionalen, zwischenmenschlichen Teil der Botschaft oft nicht. Stellt euch vor, jemand sagt zu Euch “Mein Kaffee ist alle” - wie oft kommt das vor, dass jemand wirklich nur diesen Sachstand durchgeben wollte? Aus eigener Erfahrung würde ich vermuten, dass die Selbstaussage: “Schade, dass der Kaffee alle ist. Ich möchte mehr” hier mitschwingt. Oder die Aufforderung: “Kann ich noch mehr bekommen?” Kommen wir also zum Appell.
Appell:
Was will er/sie von mir? Viele Nachrichten dienen auch dazu, die/den Empfänger*in zu veranlassen, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen. Etwas Bestimmtes zu denken oder zu fühlen. Wer nur Apelle hört, versucht ständig, unausgesprochenen Erwartungen gerecht zu werden. Wenn sich ein Beifahrer erschrickt und am Türgriff festklammert, welche*r Fahrer*in interpretiert dann nicht den Appell “Fahre anders/langsamer/vorsichtiger”? Wer hierfür sehr sensibel ist, leidet darunter, es immer allen Recht machen zu wollen und daran zu scheitern.
Beziehungsaspekt:
Wie steht sie/er zu mir? Wer hier empfindlich reagiert, wird alles persönlich nehmen und sich schnell angegriffen oder beleidigt fühlen. Zwischen kritisch beäugt und nicht beachtet, gibt es dann nur einen kleinen Raum, wenn jemand, der den Beziehungsaspekt überempfindlich wahrnimmt, sich beobachtet fühlt.
Weitere Faktoren der Interpretation
Der/die Empfänger*in beeinflusst die Interpretation der Nachricht durch den Erlebnishintergrund, das sind eigene Erwartungen, Befürchtungen und Vorerfahrungen.
Hinzu kommen weitere Faktoren wie das Sprachmilieu - in welcher Sprachkultur bin ich aufgewachsen? Was ist mein Selbstverständnis als Empfänger und welches Bild habe ich von meinem Gegenüber? Oft wird eine zweite Botschaft aus den eigenen Erfahrungen vom Empfänger hinzugefügt. Diese sogenannte korrelierte Botschaft entsteht aus dem, was ich in der Vergangenheit meistens als wahren Kern der gerade empfangenen Aussage wahrnehme. Diese zweite Botschaft kann aber völlig subjektiv konstruiert sein. Was ist damit gemeint? In langen Beziehungen weiß man genau, worauf der andere “allergisch” reagiert. Bei dieser Allergie übertönt die korrelierte Botschaft das Gesagte.
Die Aussage “Ich war traurig, dass du nicht vorbei gekommen bist” kann als bloße Selbstoffenbarung, nämlich als Ausdruck eines Gefühls gemeint sein. Ich-Botschaften klingen zumindest weniger vorwurfsvoll. Sie sind für eine umgängliche Kommunikation besser geeignet als Du-Botschaften: “Du hast mir gestern den Abend vermiest, weil du nicht vorbei gekommen bist.”
Als Empfänger*in kann man seine Kommunikation verbessern, wenn man die einzelnen Vorgänge wahrnehmen, interpretieren und fühlen kann, sie beachtet und sich in die Lage versetzt, diese auseinanderzuhalten. Wahrnehmung bedeutet: Erfassen des Gesagten, aber auch Gestik, Mimik und Haltung beachten.
Interpretation im Stillen vermeiden
Wenn es heikel wird und ein Gespräch in gegenseitige Vorwürfe abrutscht, ist es das beste Hilfsmittel, Interpretationen offen zu legen und als Ich-Botschaften zu formulieren. Welche Bedeutung hat die Botschaft für mich? Hier entstehen die Konflikte, weshalb es wichtig ist, zurück zu melden, wie man die Botschaft verstanden hat.
Gefühle können ganz unvermittelt und unterbewusst durch die Botschaft ausgelöst werden. “Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht.” ist daher eine bekannte Phrase, wenn plötzlich Wut oder Trauer in einem aufsteigen. Wer hier innehält und seine Gefühle ohne Vorwürfe kommunizieren kann, hat eine weitere wichtige Hürde genommen.