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E-Health: Heilung per Handy - geht das gut?

E-Health: Heilung per Handy - geht das gut?

E-Health: Heilung per Handy - geht das gut?

Nachdem wir vor ein paar Wochen über einige erfolgreiche Medititationsapps berichtet hatten, werfen wir nun einen Blick auf den deutschen Markt. In Deutschland gibt es die weltweit einmalige Situation, dass Gesundheitsapps vom Arzt verschrieben und von den Krankenkassen bezahlt werden können.

Dazu haben wir ein Gespräch geführt mit Alexander Bäuerle, ein promovierter Psychologe, der an der Universität Duisburg-Essen zum Thema E-Health forscht. Er empfiehlt das DiGA-Verzeichnis (Digitale Gesundheitsanwendungen) dort werden bisher 35 Apps präsentiert, die von der Krankenkasse finanziert werden. Der überschaubare Umfang erklärt sich durch die umfangreichen klinischen Studien, die eine solche App als Medizinprodukt erfolgreich durchlaufen muss, bevor sie für das Verzeichnis und die Finanzierung per Krankenkasse zugelassen ist. Der Vorteil: Diese Studien werden unter “Informationen für Fachkreise” verlinkt und die Ergebnisse werden zusammengefasst präsentiert. Dazu kommen Hinweise zu Themen wie Verordnung und Patientengruppe, die dem Beipack-Zettel von Medikamenten ähneln. Es geht also weniger kommerziell zu als bei den bekannten AppShops. Letztere werden für die Installation aber immer noch gebraucht. Die Anwendungen werden über den Apple- oder Google App-Store installiert. Einige Apps lassen sich im Webbrowser nutzen und benötigen keine Installation.

Das Verzeichnis bietet einige Überraschungen. Laut Alexander Bäuerle ist die am meisten verschriebene App, eine Anwendung die Patienten mit Tinnitus helfen soll. Anbieter der App Kalmeda ist eine Firma mit dem passenden Namen mynoise GmbH. In der Zusammenfassung der Studienergebnisse ist nachzulesen, dass die Nutzer der App sich signifikant weniger gestört fühlen durch ihren Tinnitus als die Kontrollgruppe.

Die meisten Apps sind in der Kategorie Psyche zu finden, etwa deprexis (Depressionen), HelloBetter Panik (Panikstörung, Agoraphobie) oder Somnio (Schlafstörung).

Die meisten Apps, so Bäuerle, basieren auf kognitiv-verhaltenstherapeutischen Prinzipien. Hilfeleistungen hierzu lassen sich als Mediendateien darstellen, die dann auf dem Handy abgespielt werden. Auch Multiple Choice-Fragen können lassen sich gut statistisch auswerten, so dass die Anwendung Antwortmuster erkennen kann.

Die Apps kosten im Quartal im Schnitt über 400,- Euro, was angesichts der Preislage in den populären App Stores von Google und Apple ungewöhnlich hoch ist. Die notwendigen Studien treiben die Kosten hoch, da es sich um ein Medizinprodukt handelt, andernfalls könnten die Apps nicht bei den Krankenkassen zugelassen werden. Trotzdem gibt es die üblichen Free Trial-Versionen.

Noch ist der Markt nicht ausgereift und das Prozedere vom Rezept des Arztes bis zur Kostenübernahme der Krankenkasse vergleichsweise umständlich - in den bekannten App Stores ist man eher gewohnt mit zwei Klicks am Ziel zu sein.

Das Fazit von Alexander Bäuerle: Apps ersetzen TherapeutInnen nicht, sondern ergänzen diese. So kann zum Beispiel einem Therapiebedürftigen mit Depressionen die Wartezeit auf einen Therapieplatz erleichtert werden.

Diese Kombination von Präsenzberatung durch TherapeutInnen, also Gespräch unter vier Augen und einer App als Unterstützung hat sich in Studien schon als sehr erfolgreich erwiesen.

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